Erinnern

..weil es nie zu spät ist, das zu sein, was du hättest sein können.

Dieses Jahr hat mir gezeigt, dass wir oft mehr sind, als wir selbst glauben. Dass Gegensätze kein Widerspruch sind, sondern Wahrheit. Nicht als Rollen, sondern als innere Bewegung: zwischen dem, was sich leicht anfühlt, und dem, was standhält. Zwischen offenen Händen und festem Stand. Dieses Jahr war ein Pendeln zwischen Nähe und Haltung, zwischen Loslassen und Durchhalten. Allein war ich dabei nicht: Menschen, die mir am Herzen liegen, waren da – nicht, um etwas zu lenken, sondern um zu bleiben. Meine Schwester, deren Nähe leise trägt. Der Nachwuchs, der mich täglich daran erinnert, wie selbstverständlich Verbundenheit sein kann. Freunde, die Raum gelassen haben, ohne sich zu entfernen. Familie, die Halt gegeben hat, ohne etwas zu verlangen. Ich habe gelernt, dass beides seinen Platz hat. Dass man weich sein darf, ohne den Halt zu verlieren und fest stehen kann, ohne zu verhärten. Viel davon ist nicht durch Erklärungen entstanden, sondern durch Dasein. Durch geteilte Zeit, durch Nähe, durch das unausgesprochene Wissen, nicht allein zu sein. Der Mut, den dieses Jahr von mir verlangt hat, war kein lauter. Es war der stille Mut, ehrlich zu sein. Wege zu gehen, die sich unsicher anfühlten. Zu lachen, zu tanzen, die Kontrolle für Momente abzugeben – und zugleich dort zu bleiben, wo es unbequem wurde. Wahrheit war nicht sanft, aber sie war klärend. Und genau das war nötig. Nach all den Jahren habe ich erkannt, was nie selbstverständlich war. Menschen, die geblieben sind, ohne Bedingungen. Momente, die leise waren und dennoch getragen haben. Gefühle, die Halt gaben, auch wenn nichts fest schien. Diese Erkenntnis kam nicht plötzlich, sondern wuchs mit jedem Schritt. Und mit ihr eine Dankbarkeit, die keine großen Worte braucht. Ich habe Nähe neu verstanden. Augenblicke erlebt, die tiefer reichten als Worte, als hätte sich ein vertrautes Bild neu sortiert. Wind auf der Haut, Salz in der Luft, Weite im Herzen. Zwischen Himmel und Wasser durfte ich alles ablegen, was schwer geworden war – ohne Rüstung, ohne Rolle. Einfach da sein. Ich verlasse dieses Jahr aufrecht. Nicht unversehrt, aber gefestigt. Ich kenne den Boden unter mir. Ich weiß, was bleibt und ich gehe weiter – mit klarem Blick und ruhigem Schritt, offen, neugierig und bereit. Mit Freude auf das nächste Jahr, auf Bewegung, Leichtigkeit und all das, was wachsen will…

by KathiStrophe

Wer weiß, wie er sein Leben gestalten muss, um glücklich zu sein, muss nur noch den Mut finden, es auch zu leben.

John Irving

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