…wenn man einfach nicht in eine Schublade gesteckt werden möchte.
Wer kennt sie nicht, diese typischen klischeehaften Rollen von Mann und Frau. Der Mann ist der Ernährer der Familie, am besten sportlich, groß, muskulös und wollte schon immer Elektriker, Polizist oder Arzt werden. Frauen, selbstverständlich schlank und grazil, mit möglichst großen Brüsten und einem Schmollmund, deren Traum es ist Hausfrau und Mutter zu sein und wenn überhaupt beruflich tätig, eine Job als Krankenschwester oder Sekretärin anstreben. Auch wenn inzwischen, zum Beispiel beruflich gesehen, Frauen und Männer alles werden können, so sieht es in der Realität jedoch leider noch immer nicht ganz so rosig aus. Ein Kindergärtner ist selten anzutreffen und auch die Zahl der Bauarbeiterinnen hält sich doch irgendwie in Grenzen. In manchen Bundesländern sind noch immer die Betreuungszeiten von Kindern so geregelt, dass es Frauen nicht leicht gemacht wird, in Vollzeit arbeiten zu gehen und leider werden schon die Kleinsten unserer Gesellschaft in Schablonen gepresst. Schaut man sich beispielsweise mal in Bekleidungsgeschäften um, dann fällt auf, dass Jungs in der Regel nur blaue, graue oder manchmal noch grüne Kleidung tragen und für Mädchen im Grunde nur das Farbspektrum zwischen weiß, rosa und lila abgedeckt wird. Aus Erfahrung kann ich sagen, dass Mädchen genauso gern durch Matschpfützen hüpfen, wie Jungs und die hellen Klamotten wesentlich anfälliger sind für bleibende Flecken. Wenn ein Junge in der Spielzeugabteilung nach einer Puppe greift oder sich in der Drogerie an den Schminktestern versucht, wird er ebenso ungläubig beäugt, wie ein Mädchen, dass nach dem neuesten Skateboard Ausschau hält. In Büchern für Jungs geht es selbstverständlich um Drachen, Ritter oder Fußball und Mädchen wollen nichts anderes lesen, als Einhorn- bzw. Pferdegeschichten. So sehr wir uns auch bemühen, treffen wir in unserem Alltag auf ganz viele solcher kleinen Klischees. Bereits in der Kita wurde ich von einer Mutter gefragt, ob ich nicht Sorge hätte, dass mein Nachwuchs „andersherum“ werden würde, wenn zum Fasching nicht das geschlechtsspezifische Prinzessinnen- oder Polizistenkostüm getragen wird. Ich war ehrlich gesagt so erschüttert über diese Frage, dass ich gar nicht adäquat reagieren konnte – wobei ich nicht ganz sicher bin, ob das bei dieser Frage überhaupt möglich gewesen wäre. Mir war nicht bewusst, dass es Menschen gibt, die in diesem Jahrhundert noch denken, Jungs würden schwul werden, weil sie als Kleinkind Kleider getragen haben und Mädchen interessieren sich später für Mädchen, weil sie in Ihrer Vergangenheit Fußball spielten. Als ich sagte, dass ich diese Sorge nicht habe und mir auch völlig egal ist, für welches Geschlecht sich mein Nachwuchs später interessieren würde, konnte man die Kinnlade in Zeitlupe fallen sehen. Mal abgesehen davon, dass ich nicht daran glaube, die späteren Interessen meines Kindes durch Farben, Spielzeuge oder Bücher beeinflussen zu können, ist es mir vollkommen egal, welches Geschlecht später bevorzugt geliebt wird. Ihr wäre so etwas nie in die Tüte gekommen und tatsächlich suchte sie jedes Jahr für ihren Sohn das Faschingskostüm aus – schwankend zwischen Polizist, Ritter und Superheld mit extra vielen Muskeln. Ich hingegen hab den Nachwuchs entscheiden lassen und die schönsten Glühbirnen-Kostüme der Welt gezaubert. Bei uns gab es keine Jungs-oder Mädchenfarben, wir hatten schon immer Autos und Puppen und haben Geschichten gelesen, die uns interessiert haben. Bei uns im Haus gab es auch nie den Satz „Jungs bzw. Mädchen machen so etwas nicht“. Mir ist wichtig einen glücklichen Menschen großzuziehen, der sich selbst liebt, zu seinen Interessen steht und weiß, dass er vollkommen richtig ist, so, wie er ist. Es gibt schon zu viele Menschen, die wie alle anderen sein wollen, daher zeig ich dem Nachwuchs, dass es in Ordnung ist, wenn man in keine Schublade gesteckt werden will und die Schablone nicht passt…

KOMM, LASS UND ANDERS SEIN, INDEM WIR BEIDE UNS GUT TUN, WÄHREND DIE WELT DAMIT BESCHÄFTIGT IST, SICH ZU VERLETZEN.
Unbekannt